UNSER 36.  SCHÜLER

Normalerweise sind wir 35 Schüler, aber einmal in der Woche sind zu 36ist, denn dann kommt Manuel von der Elisabeth-Schule in unsere Klasse um eine Stunde lang am Deutschunterricht teilzunehmen. Weil Manuel sehr klein ist und sich nicht besonders gut bewegen kann, ist Frau Hanser, seine Klassenlehrerin und Betreuerin, immer mit dabei. Manuel ist Autist. Das bedeutet, dass er nicht sprechen kann. Statt dessen hat ein ein Holzbrett dabei, auf dem er Buchstaben antippt. Weil er sich durch seine Krankheit auch nicht richtig spüren kann, muss Frau Hanser dabei seinen Arm stützen, damit er ein Gefühl für seinen Körper bekommt. Manuel ist erst neun Jahre alt, aber er ist sehr schlau. Eines seiner Lieblingsfächer ist Deutsch, wo er auch sehr gut ist. Er kann bereits den ganzen Grammatikstoff der 5. Klasse und lernt nebenzu Latein. Obwohl er seine Antwort erst auf seinem Brett schreiben muss, weiß er die Lösung oft schneller als wir. Dann meldet er sich und Frau Hanser sagt, was er getippt hat. Bisher war noch nie eine Antwort falsch. Manuel sagt selbst, dass er autistisch zu sein doof findet, weil er manchmal superdoofe Sachen macht. Im Unterricht gibt er z.B. manchmal komische Geräusche von sich oder er dreht dauernd sein Schreibbrett. Am Anfang war das ein bisschen eigenartig, aber inzwischen stört es uns gar nicht mehr. Wir freuen uns immer riesig, wenn er kommt. Ist er in einer Woche einmal nicht da, fehlt uns ein wichtiger Teil der Klassengemeinschaft. Wenn Manuel und Frau Hanser durchs Schulhaus gehen, starren ihn manchmal Schüler an, einer hat sogar einmal versucht ihm sein Schreibbrett wegzunehmen. Wir wünschen uns, dass Manuel von allen anderen als ganz normaler Mitschüler behandelt wird und, dass keiner mit Fingern auf ihn zeigt.

Klasse 5e der Wittelsbacher Realschule

23.02.2001:
Manuel besucht nun seit Januar 2001 einmal wöchentlich den Deutschunterricht der 5./6. Klasse Realschule

Meine Sorge, dass er dort von den anderen Mitschülern und Lehrern nicht akzeptiert  wird hat sich als absolut unbegründet herausgestellt. Er ist dort von allen Seiten sehr herzlich aufgenommen worden. Auch wenn er in der Realschule einmal seinen Autismus „nicht im Griff“ hat und sämtliche Nerven doch sehr angespannt sind, steht die ganze Klasse hinter ihm.

An dieser Stelle möchte ich mich einmal ganz herzlich bei allen Schülern der Klasse 5e der Wittelsbacher Realschule  bedanken. Ihr seid wirklich ganz tolle Kids. Ein dickes Danke geht auch an die Klassenlehrerin Frau Schieri.

Ganz besonders möchte ich mich auch bei Manuels Lehrerin Frau Hanser bedanken. Ohne Ihren Einsatz und Ihre Unterstützung wären wir sicherlich noch nicht so weit gekommen.

Februar/2001

Das komplizierte Autistenstützen erweitert einem Autisten das Leben in einer besonders schwierigen fehlerhaften Welt. Die Realschule bedeutet mit einmaliges Lernen mit Anderstdenkenden. Es darf keinem Autisten das Lernern verweigert werden. Ohne die Realschule bin ich bei Ganzbehinderten und darf nicht lernen. Ich bin intelligent und liebe Latein. Ich kann mich einmalig brav emanzipierten. Die Kinder in meine Realschulklasse sind meine Freunde.

Manuel

 

LIEBE MITSCHÜLER,

KANN NICHT SPRECHEN ABER EINE KÖNIGLICHE  KLASSE LEBT MIT AUTIST MANUEL. LEHRERIN IST RASENT LIEB.
MITSCHÜLER SIND JEDERZEIT OHNE HASSGEFÜHLE WEGEN KOMISCHER HANDLUNG.

OHNE REALSCHULE BIN ICH UNGEMEIN BEDICHTET LANGSAM LEBEND. HABE KEINE LEBENSFREUDE OHNE MEINE REALSCHULE.

ICH WÜNSCHE MIR, DASS LIEBLINGSKLASSE MICH WEITER BEHERBERGT.

LOBEND GERNE OBLIEGE ICH DEN FÄCHERN DEUTSCH UND BIOLOGIE. JUST LERNE ICH VOGELKUNDE. LIEBE MEINE KLASSE UND LEHRERIN.

MANUEL