1998

Unsere Begegnung mit den Delphinen

 

Manuel ist 7 Jahre alt und hat eine Krankheit, die die Ärztewelt mit Trisomie 22 mosaik bezeichnen (was sich auch immer dahinter verbergen mag). Für uns als Eltern, die vorher noch nie etwas mit behinderten Kindern zu tun hatten, stellte dieses Kind erst einmal unser gesamtes Leben auf den Kopf. Sein erstes Lebensjahr verbrachte Manuel nur im Krankenhaus. Es ging von einer Herzoperation und von einer Notaufnahme zur nächsten. Da Manuel auch bei jeder Bakterie und jeder Komplikation „Hallo Hier bin ich“ schrie, war er oft dem Tode näher als dem Leben. Es verlief kein Tag so, wie man sich das wünschte.

Ein Tiefschlag löste den nächsten ab.

Die Ärzte konnten uns keinerlei Hoffnung auf ein einigermaßen „normales“ Leben machen und waren selbst mit ihrem Latein am Ende.

Nach diesem Jahr fingen die Therapien an, von denen wir als Eltern oft nicht einmal eine Ahnung hatten, was sich dahinter verbirgt. Leider kam auch kein Mensch auf uns zu, um uns einmal über sämtliche vorhandene mögliche Therapien zu informieren. Also machten wir uns selbst auf die Suche nach Hilfen und Therapien, die uns und Manuel vielleicht doch helfen können, einen kleinen Schritt weiter in seiner Entwicklung zu kommen.

Wir wollten niemals die Hoffnung aufgeben, dass es doch noch Entwicklungsfortschritte bei Manuel gibt.

 Manuel kann seit seinem 2.  Lebensjahr laufen, hat sehr viel Charme, ist meistens fröhlich und beobachtet die Welt mit seinen Augen. Unser größtes Problem ist, dass Manuel nicht sprechen kann.

Er hat inzwischen noch einen 5-jährigen Bruder, der sicher durch Manuel einiges zurückstecken muss und uns selten ganz für sich alleine hat. 

Vor ca. 2 Jahren erfuhren wir durch die Medien, dass es eine Therapieform mit Delphinen gibt, die zwar schulmedizinisch nicht unterlegt ist, aber große Erfolge aufweisen kann.

Wir stellten uns schon in Gedanken die erste Begegnung von Manuel mit den Delphinen vor.

Also habe ich mich sofort hingesetzt und Kontakt aufgenommen. Prompt eine Woche später kam dann der Niederschlag, denn die Therapie wird in Florida durchgeführt und kostet 20.000 DM.

AUS DER TRAUM!!

Das schlimmste war jetzt für uns, dass wir unserem Kind so gerne diese Therapie schenken wollten, es uns aber nicht leisten konnten.

 Eines abends rief mich eine Freundin an und erzählte mir, dass sie über tausend Ecken von einer Therapeutin erfahren habe, die in Münster diese Therapie mit Delphinen durchführt.

Unser Traum lebte wieder auf.

Also nichts wie an´s Telefon, um diese Frau Montreal anzurufen.

Diese noch fremde Frau Montreal war auch noch sehr nett am Telefon und schickte uns sofort einen entsprechenden Bewerbungsbogen.

Der tägliche Lauf zum Briefkasten fing jetzt natürlich an.

Ein paar Wochen später erhielten wir einen Anruf, wie könnten im November für eine Woche nach Münster kommen.

Es war wie im Traum. Endlich konnten wir unserem Kind diese Therapie ermöglichen.

Dann war es endlich soweit, der Abreisetag war da.

 Im Delphinarium in Münster erwartete uns Frau Montreal und führte zuerst mit mir ein ca. 1/2-stündiges Gespräch, damit wir uns erst einmal kennen lernten. Dieses Gespräch war für mich als Mutter sehr wichtig, da ich dadurch auch die Therapeutin in Ruhe kennen lernte. Frau Montreal war einfach sehr sympathisch und kompetent und erklärte mir den Ablauf der gleich nachfolgend beginnenden ersten Therapie.

Also auf zu den Delphinen.

Mein erster Eindruck war: „Mein Gott sind diese Tiere groß“.

Dann folgte die erste Therapie. Manuel ging mit seinem Papa, Frau Montreal und der Delphintrainerin zu den Tieren. Es war für uns alle ein unvergesslicher Augenblick. Manuel spielte mit den Tieren, fütterte und berührte die Tiere. Trotzdem war er unruhig.

Der zweite Therapietag war dann ein voller Erfolg. Diesmal durfte ich mit zu den Tieren. Selbst für mich als Erwachsener wird dies wohl unvergesslich bleiben. Nemo und Nandu fühlten sich einfach toll an. Manuel fütterte die Tiere, spielte mit ihnen und war genauso beeindruckt wie ich.

Am darauffolgenden Abend war Manuel zu nichts mehr zu gebrauchen. Er musste diese zwei Delphinbegegnungen genauso verarbeiten wie wir. Eigenartigerweise fing er an diesem Abend an nicht mehr „normal“ zu laufen, sondern trampelte nur noch durch die Wohnung. Am darauffolgenden Morgen entschuldigten wir uns natürlich bei den Vermietern, die dadurch sicher einen sehr unruhigen Vorabend hatten.

Den dritten Therapietag bestritt Manuel alleine. Wir standen abseits und bestaunten wie kleine Kinder das, was hier passiert. Er war so glücklich und ausgeglichen, dass es ein wunderschönes Gefühl war, den Tieren und Manuel zuzuschauen. Wenn es doch nur immer so wäre.

Das Trampeln am Abend ging natürlich weiter.

Wir hatten das Gefühl, er versucht seinen ganzen Körper „runterzudrücken“.

Leider kam der vierte Therapietag, und somit unsere letzte Begegnung mit Nemo und Nandu.

Wir waren alle ein bißchen betroffen an diesem Tag, da wir wußten, der Traum ist jetzt zu Ende.

Auch diese Begegnung war so beeindruckend, daß keiner ein Ende wollte.

Diese Harmonie zwischen Manuel und den Tieren war einfach unglaublich. Unser Kind lachte und war einfach glücklich. 

Danach folgte noch ein Abschiedsgespräch mit Frau Montreal, daß auch mir als Mutter sehr viel Mut gemacht hat. Unser Verständnis für Manuel´s Welt ist sicher durch Nemo und Nandu gewachsen.

Wir dürfen wiederkommen.

Seit ca. 2 Wochen beobachten wir, daß Manuel sich sehr stark verändert.

Er ist aufgeschlossener, auffallend liebevoller und macht ganz bewußt Aktionen, die wir niemals erwartet hätten. Er versucht z.B. einen Tisch zu decken, bzw. abzuräumen und macht uns auch ohne Sprache genau darauf aufmerksam, was er jetzt möchte. Seine Sprachlaute haben sich ebenfalls verändert.

Wenn man heute noch, drei Monate nach der Therapie, Manuel auf Nandu anspricht, macht er die gleichen Gestiken nach, die er bei der Therapie aufgenommen hat.

Wir möchten uns nochmals bei alle Frau Montreal bedanken, daß sie uns Eltern und unseren behinderten Kindern diese Begegnungen ermöglichte.  

                                                                                                                             Friedberg, den 13.01.1999  

 

 

e-mail: mankondert@web.de

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